Haifa ... die Stadt der vielen Treppen und der schönen hängenden Gärten

Haifa. Haifa. Ècoute moi. Haifa. Haifa. T'en va pas. Haifa. Haifa. Regarde moi. Haifa. Haifa. Résponds moi ... mit Melodie und Rhythmus habe ich diese Stadt erlebt, gesehen und auf meinen Inlinern erkundet. Immer den abgewandelten Refrain in meinem Kopf. Haifa. Haifa. Ècoute moi. Haifa. Haifa. T'en va pas. Haifa. Haifa. und so weiter ... 

Angekommen bin ich am frühen, dunklen und finsteren Abend und bei fürchterlichem Wetter. Den ganzen Tag über haben sich meine Gedanken darum gedreht, ob ich vielleicht unter freiem Himmel schlafen solle, weil weder die Trail Angels sich gemeldet hatten, noch mein Budget für Herzlina ausreichen würde. War ich froh, dass ich den Zug nach Haifa genommen hatte. 

Aussicht von den Bahai Gardens über Haifa

Der Bahnhof ist sehr zentral gelegen und nach nur wenigen, durchnässenden Metern, war ich bereits im Herzen der 'deutschen Kolonie', die keine mehr ist. Aber hier war mein Hostel und das galt es jetzt zu finden. 

Endlich angekommen war ich durchnässt bis auf die Haut ... und der Fußweg war wirklich nicht länger als 10 Minuten. Das Hostel 'Al Yakhour' war ein warmer und wohliger Segen ... und so dicke Betten, mit noch dickeren Decken, in die man sich so schön hinein kuscheln kann. Genau das, was ich jetzt brauchte nach meinem 16 km langen Fußmarsch und meiner abgebrochenen Wanderung. Denn enttäuscht war ich immer noch und am zweifeln auch, ob ich nicht doch hätte eine andere Wahl gehabt. Nur welche? Sich die Nacht durchnässen lassen? Bestimmt hätte sich etwas gefunden. Aber nein! Ich musste ja aufgeben und sofort nach Haifa fahren! 

Mein nächster Tag war ein fauler und ärgerlicher, denn ich war immer noch mit meinen Gedanken bei der abgebrochenen Wanderung. Ich wollte doch ganz Israel durchwandern! Eingestehen musste ich mir, dass ich mir dazu einfach die falsche Jahreszeit ausgewählt hatte. Denn wir sind hier mitten im Winter und die prognostizierten Regentage für Januar habe ich, seit meiner Ankunft, bereits alle gesammelt. Also habe ich den ersten Tag damit verbracht zu Schreiben und mein Budget aufzubessern. 

Hach wie gemütlich doch das Bett war ... und wie lecker und ausgewogen das Frühstück. Frisch gepresster Orangensaft von den Jaffa Oranges aus dem Garten hinterm Haus. Schmackhaft angemachter Kohl- und Karottensalat. Leckerer Humus. Gekochte Eier. Verwöhnprogramm pur! 

Am nächsten Tag sollte es vorbei sein mit der Faulenzerei und deswegen habe ich mich, gemeinsam mit der restlichen Hostelzimmer-Crew auf den Weg zu den 'Bahai Gardens' gemacht. D a s Wahrzeichen der Stadt ... und wirklich. Diese hängenden Gärten und grünen Terrassen dominieren wirklich das Stadtbild. Mit einem Hacken, den ich absolut nicht gut heißen kann. Vielleicht 5% Gärten sind für die Allgemeinheit zugänglich, weitere 40% darf man sich während einer Tour anschauen. Der Rest ist für jene, die sich dem Bahia Glauben angeschlossen haben ... und dann eigentlich auch nur, um die Anlage in Stand zu halten. Mhh? Mhh! Nee! Das gefällt mir nicht, vor allem, wenn der Gedanke hinter den Gärten ist, einen Ort zu schaffen, an dem sich Menschen erholen sollen, an dem sie der Natur und sich selbst näher sind und kommen können. Nee! Diese Gärten sollten der Allgemeinheit öffentlich zugänglich sein. ich wette ein jeder würde darauf acht geben, dass die Gartenanlage auch so schön bleibt, wie sie ist. Jetzt ist sie ein wahres Meisterwerk kreierter pflanzlicher Schönheit, das wahrlich beeindruckt und auch ein wenig erdrückt. 

Doch bevor wir in den Genuss einer Führung durch die Gärten kamen, mussten wir erstmal zu den Anfängen ... und das bedeutete Treppen steigen ... und nicht zu wenige ... und das auch noch AUSSEN HERUM ... sehr demotivierend. Auf der Mitte ... und in der Mitte der hängenden Gärten mit seinen 18 Terrassen steht auf einer Plattform der Shrine des Bahia, indem seine Knochen ruhen. 

Doch wer oder was ist dieser Bahai überhaupt und warum hat er eine eigene Religion und so schöne Gärten, die für keinen zugänglich sind? Das alles ... und noch viel mehr ... haben wir erfahren, als wir die spannende und interessante Führung durch die Gärten mitgemacht haben. Was uns da erzählt wurde?

Dass der Bahai Glauben eine noch sehr junge und neue Religion ist, die ihren Ursprung um 1844 mit dem 'Bab' nahm. Ein junger Kerl aus Persien, der sich selbst so nannte und vorgab ein neuer Prophet zu sein, mit seiner Botschaft in Frieden, Harmonie und Gleichheit untereinander zu leben. 'Bab' bedeutet übrigens 'Tor' ... Tor zu Gott? Einer neuen Welt? Einer neuen Religion? Zu dieser hat er es mittlerweile auf jeden Fall geschafft. Denn es gibt weltweit über 230 Communties mit mehr als 6 Millionen Anhängern. Doch der Bab war nicht alleine und gemocht wurde er auch nicht so richtig von der damaligen iranischen, gläubigen Gemeinschaft. Deswegen wurde er auch um 1850 hingerichtet; nicht aber bevor er der Welt mitteilen konnte, das nach ihm ein noch größerer Prophet von Gott gesandt kommen werde, der Menschheit zu helfen und ihr den Weg zu weisen. 

Das passierte dann auch 1863, als ein Schüler des Bab sich als 'Bahula' offenbarte und die neue Religion des Bab zu mehr Ansehen verhalf. 'Bahula' bedeutet 'Ehre sei Gott' und hier nimmt auch der Name der Bahai Gärten seinen Ursprung her als 'glorification for god'. Sowohl der Bab als auch Bahula hatten es nicht leicht zu ihrer Zeit. Sie wurden vertrieben, ins Exil verbannt, eingesperrt und nur Bahula durfte eines natürlichen Todes sterben ... in einem Örtchen, das wir heute als Baggi (übersetzt: happy) kennen. Hach wie schön. Hier liegt Bahula auch begraben und der Ort gilt als der wichtigste Platz für die Anhänger seiner Glaubensrichtung. 

Der Bahai Glaube glaubt an die Vereinigung der Menschheit, an ein Leben in Friede und Harmonie und an die Gleichheit aller Menschen. Der Bahai Glaube glaubt auch daran, dass alle Propheten der Geschichte - Abraham, Moses, Jesus, Mohamed, Krishna, Buddha - göttliche Lehrer von Gott gesandt waren, um der Menschheit eine für ihre Zeit wichtige Botschaft mit auf den Weg zu geben. Der Bahai Glaube glaubt auch daran, dass es noch weitere Propheten geben wird, die wiederum für die Menschen ihrer Zeit eine Botschaft haben werden. 

Die Gärten selbst wurden erst 1989 begonnen zu errichten und wurden 2001 fertiggestellt. Seitdem sind sie offen für geführte Besuche. Denn anders traut man den respektvollen Umgang mit der Gartenanlage seinen Besuchern nicht zu. Gekostet hat der ganze Spaß übrigens 250 000 Millionen Dollar, finanziert von den Mitgliedern des Glaubens. Denn fremde Spenden nehmen sie nicht an. 150 Gärtner sorgen sich darum, dass die Gärten auf ihren 19 Terrassen in Schönheit, Glanz und Symmetrie erstrahlen. 1/3 davon sind Bahia Volunteers, der Rest professionelle Gärtner. 

1909 wurde übrigens, auf Wunsch Bahulas die Gebeine des Bab in dem für ihn errichteten Shrine gebettet. Erst später kamen 19 weitere Gartenterrassen hinzu, die an die ersten 'Jünger' des Bab erinnern sollen. Eine weitere Besonderheit sind die 2200 Lampen die nacht-nächtlich erstrahlen. Das hat sogar einen besonderen Grund. Denn die letzten Jahre seines Lebens hat der Bab in einer dunklen Kerkerzelle ohne Licht zugebracht und die 2200 Lichter, die nun für ihn erstrahlen, sollen den Bab nie mehr in Dunkelheit sein lassen. Das ist doch irgendwie schon wieder ein wenig romantisch, oder? Genauso, wie   der Rest Haifas   ... 

220 Lichter für den Bab